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Jung, locker, verantwortungsvoll – Edith Maurer und Alessandro Codazzi steuern den Radarsatelliten TerraSAR-X

Maurer und Codazzi: Satellitensteuern ist Teamarbeit

Dr. Edith Maurer und Alessandro Codazzi sind jung, locker und lachen viel. Und sie machen einen verantwortungsvollen Job: Im Team steuern die beiden den deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X im Deutschen Raumfahrt-Kontrollzentrum (GSOC) am DLR-Standort in Oberpfaffenhofen. Kein Steuerungssignal verlässt den Kontrollraum in Richtung Satellit ohne ihre Zustimmung – und gegenseitige Abstimmung.

Im Simulationstraining haben es beide schon erlebt: Falsche Kommandos in Krisensituationen können den Verlust der Mission bedeuten. „Zum Glück war die Realität bislang nie annähernd so ernst, wie unser Simulationstraining", sagt Alessandro Codazzi, Mission Operations Team Leader bei TerraSAR-X. Seit fast zwei Jahren steuert der 31-jährige, energiegeladene Italiener zusammen mit Edith Maurer und einem etwa zehnköpfigen Team aus einem Kontrollraum im GSOC den Satelliten sicher durchs All.

Flugdirektorin Edith Maurer

Edith Maurer ist durch nichts aus der Ruhe zu bringen und hat meist ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Ihren wachen großen Augen scheint nichts zu entgehen. Mit ihnen hat die 32-jährige Flugdirektorin auch die etwa 500 Befehle, so genannte Orders, im Blick, die das Kommandoteam jeden Tag zum Satelliten schickt. Sie koordiniert alles, was der Satellit im Orbit macht: Den Zeitpunkt, wann er die Aufnahme von Satellitenbildern startet genauso wie die Datenübertragung zu einer Bodenstation.

Kommandieren ist eine Frage der Kommunikation

Edith Maurers und Alessandro Codazzis Arbeitsplatz ist einerseits ein unspektakuläres Büro mit einem ganz normalen PC. Sie sitzen andererseits aber auch im Kontrollraum an riesigen Bildschirmen und Steuerungskonsolen, wenn sie die entworfenen Programme und Befehle am Ende ins All schicken. Der Luft- und Raumfahrttechniker und die promovierte Physikerin wissen, sie müssen nicht nur mit ihrem Satelliten kommunizieren, sie müssen sich vor allem untereinander austauschen. „Kommunikation ist alles in unserem Job", sagt Codazzi. „Was uns die Arbeit erleichtert: Wir verstehen uns gut, ich verstehe was Edith sagt und ich weiß oft, was sie denkt." Und die beiden müssen sich aufeinander verlassen können: „Für eine Person ist das natürlich nicht machbar, wir müssen uns ja gegenseitig während des Urlaubs oder Krankheitszeiten vertreten", sagt Edith Maurer. Die Teamarbeit beschreibt Alessandro Codazzi mit seinem italienischen Akzent so: „Ich bin kein Superexperte, manchmal kriegen wir Aufgaben, bei denen ich auf Anhieb auch nicht weiß, wie sie zu lösen sind, da brauche ich das Know-how von Edith. Wir kommen ja aus verschiedenen Bereichen. Ich bin mehr in Satellitensysteme und Edith ist mehr in Planungssysteme involviert. Wir probieren von einander zu lernen."

Missions Operations Team Leader Alessandro Codazzi

Tests am Boden und die Feuertaufe im All

So haben die beiden Flugingenieure auch die spannenden Momente überstanden, als sie zum ersten Mal das Kommando für TerraSAR-X im Orbit übernommen haben: „Einen Satelliten am Boden zu Testen ist etwas anderes, als ihn dann im All mit sieben Kilometer pro Sekunde zu fliegen, so etwas kann man nicht simulieren," sagt Codazzi. Das Team musste den Satelliten mit seinen Möglichkeiten und Grenzen im All erst nach und nach kennen lernen. So fiel der Satellit zum Beispiel bei den ersten Lageregelungen sofort in den Safemodus zurück. „In diesem Moment galt es Ruhe zu bewahren", erinnert sich Alessandro Codazzi: „Wir haben das System immer wieder hochgefahren, wieder Daten empfangen und genau kontrolliert." Bald war den Flugingenieuren klar, dass es sich um einen kleinen Programmierfehler handelte. „Solche Fehler treten oft am Anfang von Missionen auf. Für uns war wichtig zu erleben, dass unser Team gut reagiert und den Fehler sofort reparieren konnte."

Drehmanöver im All für den Blick auf die Polkappen

Aus den aufregenden Zeiten der Testphasen im Orbit ist in der Zwischenzeit Routine geworden. Im Auftrag vieler Forscher scannen sie täglich ausgewählte Gebiete der Erde ab. Großes Interesse besteht dabei an Radarbildern aus Deutschland und Europa. Bei Natur- und Umweltkatastrophen richten sie den Satelliten unter anderem im Auftrag des Zentrums für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) aus. Diese Daten, aufbereitet beim Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD), bieten Hilfsorganisationen eine wichtige Grundlage bei der Planung und Durchführung ihrer Hilfsaktionen.

TerraSAR-X und TanDEM-X im Formationsflug

Vor allem den inzwischen regelmäßig angeforderten Blick auf die Polkappen muss das TerraSAR-X-Team gut planen: Im normalen Flugbetrieb schaut der Satellit nach rechts, er scannt also in Flugrichtung das Gebiet rechts unter sich ab. Damit er beim Flug über die Polgebiete der Erde nicht ins Leere blickt, müssen Edith Maurer und Alessandro Codazzi den Satelliten bei Aufnahmen der Polargebiete drehen und ein so genanntes „Left-looking-Manöver" einleiten. „Das alles fängt mit Programmcodes an und einer langen Liste an Regeln, die bei der Kommandogenerierung beachtet werden müssen", beschreibt Edith Maurer die Kommunikation mit dem Satelliten. „Daraus generiert der Computer Kommandozeilen, die wir nach zahlreichen Checks am Ende zum Satelliten senden.

Möglichkeiten für Erfahrungen – Erfolge und auch Fehler

Alessandro Codazzi und Edith Maurer sind Stolz auf das Vertrauen, das ihnen mit der Verantwortung für TerraSAR-X entgegengebracht wurde: „Wir haben hier die Möglichkeit unsere Erfahrungen zu machen – und unsere Fehler. In einem Team ist es wichtig, dass jeder Verantwortung übernimmt und die Möglichkeit hat, sich zu beweisen. So versuchen wir es in unserem Team umzusetzen", sagt Alessandro.

Als nächstes bereiten sich die beiden Flugingenieure auf den Start des zweiten deutschen „Radarauges" TanDEM-X im Oktober 2009 vor, ein nahezu baugleicher Satellit, der zusammen mit TerraSAR-X im Formationsflug um die Erde kreisen wird. Beide Satelliten haben dadurch einen Stereoblick auf die Erde und sollen ein dreidimensionales Höhenmodell der Erde erstellen. „Mit TanDEM-X gehen wir noch weiter, dann gilt es die beiden Kontrollteams zu koordinieren und die Satelliten im Formationsflug zu steuern. Das wird noch einmal ein Entwicklungsschritt für uns", sagt Alessandro Codazzi.

Beide gehen fest davon aus, dass sie TerraSAR-X noch über die geplante Missionsdauer bis 2012 hinaus kommandieren werden: „Der Satellit ist gut gebaut, der wird noch eine ganze Weile halten", sagt Codazzi, der ihn so gut kennt wie nur wenige andere.