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Christian Arbinger ist DLR-Projektleiter für die Galileo IOV-Betriebsbeauftragung

Spannende Zeiten für Christian Arbinger: Mit seinem Team kommandiert er demnächst am Galileo-Kontrollzentrum beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen die ersten vier Satelliten des europäischen Navigationssystems Galileo. Ein Projekt, das den Raumfahrt-Ingenieur aus München zu einem Europäer mit vielen Visionen gemacht hat. Dies ist der erste Teil einer Porträtserie im DLR-Internetportal.

Christian Arbinger ist ein bodenständiger Mensch. Auch als seine Kindheitsfreunde von einem Flug ins All träumten, hatte er ganz andere Pläne: „Mir war klar, dass ich in der Raumfahrt arbeiten wollte, aber mich faszinierte dabei die technische Seite. Ich wollte gerne Satelliten kommandieren", blickt er zurück. Der gebürtige Münchner wusste, wie er an sein Ziel kommt: An der Technischen Universität studierte er Luft- und Raumfahrtechnik und schrieb seine Diplomarbeit beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen. Danach lenkte er im Deutschen Raumfahrt-Kontrollzentrum (GSOC, German Space Operation Center) in Oberpfaffenhofen tatsächlich Satelliten. Unter anderem hat er dort das Flugdynamiksystem des deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X vorbereitet.

Europäisches Gemeinschaftsprojekt Galileo

„Ich habe hier sehr schnell Verantwortung übernehmen können."

Vor einigen Jahren verließ Christian Arbinger jedoch Konsolen im Kontrollraum und ist als Projektleiter des DLR beim europäischen Satellitennavigationsprogramm Galileo eingestiegen. Hier führt er ein Team von Raumfahrt-Ingenieuren, die demnächst die ersten vier Satelliten von Galileo steuern werden. Ein Job auf internationaler Ebene, so der 36-Jährige, den ihm nur das DLR hatte bieten können: „Ich habe hier sehr schnell Verantwortung übernehmen können."

Galileo hat Christian Arbinger zu einem Europäer gemacht, mit einer ganz klaren Vision: „Das Navigationssystem ist am Rande dessen, was technologisch machbar ist. Es ist gut, dass sich die Europäer entschlossen haben, gemeinsam ein ziviles System aufzubauen. Das hätte auch ein Land im Alleingang machen können, aber wir sind in Europa stärker, wenn wir zusammen arbeiten." Arbinger sagt das nicht mit Pathos, aber mit Nachdruck.

Am DLR-Standort Oberpfaffenhofen ist Galileo schon jetzt ein Stück weit Realität: Christian Arbinger und seine Kollegen ziehen in diesen Tagen in das neue Galileo-Kontrollzentrum ein. Die feierliche Übergabe von Europas modernstem Kontrollzentrum, von dem aus einmal die 30 Navigationssatelliten gelenkt werden, findet am 8. September 2008 statt.

„Durch unser technisches Know-how sind wir kompetent"

„Wir wissen sofort, was funktioniert und was nicht"

Seinen technischen Hintergrund hat der Raumfahrtingenieur bei seiner neuen Aufgabe nicht vergessen. Im Gegenteil, das Know-how, das er beim DLR erworben hat, hilft ihm in vielen Verhandlungen, wenn es um die zukünftige Steuerung der Navigationssatelliten geht: „Wir wissen sofort, ob wir die Anforderungen erfüllen können und was wir mit einem bestimmten Equipment ausrichten können, das macht uns unglaublich effizient." Damit punktet der Ingenieur selbstbewusst, auch wenn er mit seinen Teamkollegen einer viel größeren Delegation eines Verhandlungspartners gegenübersitzt. „Wir können unsere Verhandlungen dadurch immer klar und transparent führen. Durch unser technisches Know-how sind wir kompetent."

Und diese Kompetenz hat dem DLR einen wichtigen Auftrag der europäischen Weltraumorganisation ESA eingebracht. Seit Mai 2006 bereitet das DLR zusammen mit der italienischen Firma Telespazio den Galileo-Betrieb vor, um ab Anfang 2010 die ersten vier Satelliten von Galileo zu steuern. In dieser so genannten In-Orbit Validation-Phase (IOV), soll das System erstmals seine Navigationsleistungen demonstrieren.

Einmal voll funktionsfähig, wird Galileo seine Daten nicht nur den Nutzern von beispielsweise Autonavigationsgeräten kostenfrei zur Verfügung stellen. Gegen Gebühr können Nutzer für spezielle Anwendungen, zum Beispiel in der Luftfahrt, ein hochpräzises, zentimetergenaues Navigationssignal empfangen. Galileo wird also zu einem kommerziellen Industrieprojekt, mit dem die beteiligten Partner aus der Industrie eines Tages Geld verdienen wollen.

Galileo-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen

Galileo, das größte europäische Industrievorhaben

Das Satelliten-Navigationssystem Galileo ist das bislang größte Industrievorhaben, das Europa gemeinsam in Angriff nimmt.  Es soll den Nutzern auf der Erde eine zentimetergenaue Ortung bieten. Möglich wird dies mit einer neuen absolut präzisen Atomuhr, die für das gleichzeitige Aussenden der Signale der Satelliten sorgt. Für den normalen Anwender würde Galileo allein aber keine nennenswerte Verbesserung bringen. Wichtig, so Arbinger, sei das Zusammenspiel mit dem amerikanischen Global Position System (GPS), eventuell komme auch noch das russische GLONASS-System hinzu. Das bietet einen Mehrwert für den privaten Nutzer, denn erst dann stünden dem Nutzer auch in den Häuserschluchten von großen Städten genügend Satelliten für eine genaue Ortung zur Verfügung: „Da werden sich noch Anwendungen ergeben, über die haben wir heute noch gar nicht nachgedacht", ist Arbinger überzeugt.